Das erste Treffen mit…

 

Groß, sehr groß 1 Meter 90, schlank und schlaksig. So lernte ich ihn kennen. Ich finde ihn etwas zu dünn. Er wiegt gerade 76 Kilo. Die Haare dunkel, fast schwarz mit einer Dauerwelle. Wie es in den 80zigern modern ist. Der Oberlippenbart steht ihm gut.

 

Mit weiten Schlaghosen und einer College Jacke. Weiße Ärmel mit rotem Vorder- und Rückenteil. Eine 69 schmückt den Rücken. In der Hand einen Helm. Auf dem Firmenparkplatz steht seine orange Vespa zur Abfahrt bereit. So habe ich ihn in Erinnerung, meinen Wolfgang.

 

Wir arbeiten in der gleichen Firma. Jeden Mittag  geh ich mit Kollegen in die Cafeteria. Dort wird zu Mittag geplaudert und Kaffee getrunken. Nachdem mit meinem damaligen Freund Schluss ist, sitzt auch Wolfgang bei uns am Mittagstisch.

 

Eines Tages fragt er mich: “hast du Lust am Samstag mit auf eine Party zu gehen? Wir feiern im Freien, machen Lagerfeuer und grillen. Allerdings kann ich dich nur mitnehmen wenn die Eine nicht kommt. Das weiß ich jetzt noch nicht.“

Ja was soll denn das? denke ich. Ich sage: „ja klar hol mich ab. Ich bin zu Hause“.

Ich gebe ihm meine Adresse. Wir verabreden uns für kommenden Samstag 20 Uhr.

 

Am Samstag erzähle ich meinen Eltern: „heute Abend holt mich vielleicht ein Kollege ab“.

Meine Mutter ist neugierig. „Ist er auch in deiner Abteilung? Wie alt ist er denn? Hat er Geschwister und seine Eltern, was arbeiten sie?

Ach Mama: „das weiß ich doch nicht. Wir wollen nur zu einer Party. Ich habe nicht vor ihn zu heiraten. Ich weiß auch gar nicht genau ob er heute überhaupt kommt“.

„Ja wieso denn das? Was habt ihr ausgemacht?“

„Er hat gesagt, er weiß noch nicht ob er kommt und jetzt, laß mich in Ruhe.“

 

Er kommt nicht. Ich warte vergeblich.

 

Ziemlich enttäuscht gehe ich am Montag in die Arbeit.

Am Mittagstisch sagt Wolfgang zu mir:  „tut mir leid dass ich dich nicht abgeholt habe, aber die Andere ist mitgefahren. Sie war nicht so toll“.

 

Na klasse, was ist denn das für Einer, spukt es in meinem Kopf umher. Habe ich mich so getäuscht in ihm?

 

Ich will eh keine feste Beziehung. Erstmal etwas sparen und dann wieder so schnell wie möglich eine eigene Wohnung. Somit mach ich mir nicht viel Gedanken über ihn. Habe eh gerade die Schnauze voll von Männern.

 

Eine Woche später fragt er mich wieder: „hast du Lust am Samstag in die Disco zu gehen? Ich würde meinen Freund mitnehmen und du deine Freundin“.

Beide arbeiten in der gleichen Firma wie wir.

„Und diesmal hole ich dich wirklich ab“, sagt er lachend zu mir.

„Okay, wir gehen mit“, antworte ich.

 

Später sage ich zu meiner Freundin: „die beiden machen wir so heiß und dann lassen wir sie sitzen. Wir lassen uns doch nicht verarschen“.

Sie meint: „ Ja da mache ich mit, das gibt einen Spaß.“

 

Samstagabend klingelt es an der Tür. Meine Eltern lassen sich gerade ihr Abendessen schmecken.

Ich gehe mit ihm ins Wohnzimmer. Beide beäugen ihn neugierig. Ich denke noch, oh je ein kariertes Hemd wie ein Holzfäller und eine Jeans. Das wird meiner Mutter nicht gefallen. Ich stelle ihn vor.

Meine Mutter fragt ihn: „wollen sie was trinken?“

„Ja, ein Glas Wasser bitte.“

 Auch etwas zu essen?

„nur ein Stückchen Brot“, meint er.

„Setzen sie sich doch, sagt mein Vater.“

„Wir wollen gleich weiter“, erwidere ich schnell. „Unsere Freunde warten bestimmt schon“.

Draußen sagt Wolfgang: „die sind ja nett.“

 

In der Disko haben unsere Freunde schon einen guten Platz für uns ergattert. Wir gehen viel auf die Tanzfläche. Wolfgang kann sich super im Takt bewegen. Das gefällt mir ausgesprochen gut, aber ich lasse mir nichts anmerken. Vor allem ist er so schön groß. Das ist ein absoluter Pluspunkt.

 

Zur späten Stunde fragen uns die Jungs: „habt ihr noch Lust zu einem kleinen Umtrunk?“

Wolfgang sagt: „Roberts Eltern sind im Urlaub und wir können noch was trinken.“

„Na klar“, sagen wir Mädels und grinsen uns dabei an.

 

In der Wohnung angekommen verschwinden unsere Freunde bald in einem anderen Zimmer. Wir setzen uns im Wohnzimmer auf die Couch und reden über alles Mögliche. Irgendwann meint Wolfgang, „du bist so süß“.

Er beugt sich vor und drückt mir ein Bussi auf die Backe.

Ich denke, jetzt geht es los, er baggert mich an.  Von wegen, er setzt sich sofort wieder auf seinen Platz und redet weiter. Als uns langsam die Gesprächsthemen ausgehen, sehen wir uns im Wohnzimmer um. Neben der Couch stehen einige Langspielplatten und ein Plattenspieler. Er fragt: „soll ich eine LP auflegen?“

„Ja, kannst du“. 

Ich weiß es noch wie heute. Von Julio Iglesias. „Wenn ein Schiff vorüberfährt“.

Er sagt: „das kenne ich von meiner Mutter, das hat sie sich immer angehört“. Dabei strahlt er mich an und wir hören dem Lied zu. Irgendwann küsst er mich dann doch nochmal, aber geht sofort wieder auf seinen Platz zurück. Und mehr …. passiert in dieser Nacht nicht.

 

Autor: 20.11.2016 Helga Sättler 

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