Schullandheim

 

In der fünften Klasse, ich war gerade 11, fuhren wir ins Schullandheim.

Ich fand es großartig, mal ohne Eltern unterwegs zu sein.  

 

Ein Berner Sennen Hund empfing uns. Bella, war von allen begehrt und bekam, ohne zu betteln, ihre Streicheleinheiten.

 

Wir wurden zu Küchendienst, Tische decken und Stube kehren eingeteilt. Jeder hatte seine Aufgabe. Abends waren Spiele angesagt. Tagsüber, Wanderungen im nahegelegenen Wald. Einmal sogar eine Nachtwanderung. Es ging durch einen stockdunklen Wald zu einer Lichtung. Diese war vom Mond hell erleuchtet. Für mich. Gespenstisch.

 

Was mir allerdings unvergesslich in Erinnerung blieb…

Unsere Lehrerin hatte als Aufsicht ihren Mann dabei. Er sah blendend aus. Groß. Breitschultrig. Mit einem tiefen Bariton. Sein gepflegter dunkler Bart, machte ihn für einige Schülerinnen anziehend.

Eine davon, lag in unserem Fünfbettzimmer.

 

Als wir abends in unseren Federn lagen, gestand uns Marion.

„Ich bin unsterblich in Herrn Müller verliebt. Schade das er schon verheiratet ist.“

„Spinnst du? Herr Müller ist ein alter Mann. Was willst du denn mit dem? Erwiderte ich entgeistert.

„Ist doch egal, das Alter spielt keine Rolle. Er ist erst Mitte dreißig. Ihn würde ich sofort heiraten.“

 „Du hast doch einen Knall. Wenn du 40 bist. Ist er schon fast unter der Erde.“

„Aber ich liebe ihn. Ich würde am liebsten sterben, weil er mich nicht beachtet“.

„Du bist doch echt nicht ganz dicht. Willst sterben, wegen so einem alten Sack?

Ich konnte es nicht fassen.

„Hört jetzt auf, sagte Petra, und lasst uns schlafen.“

 

Am nächsten Tag nach dem Frühstück, war ich, mit Geschirr abtrocknen dran. Ich war alleine in der Küche, als Herr Müller hereinkam. „Na Helga, wie geht es dir?“

„Gut.“

„Ach übrigens. Das mit dem alten Sack fand ich nicht so toll“, sagt er grinsend.

Oh je, ich bemerkte, wie mein Körper zu glühen begann. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken.

Meine Gedanken rasten. Woher weiß er das? Hat eins der Mädchen geplaudert. Warum kann ich nicht mal ruhig sein, dann müsste ich mich nicht so genieren.

 

„Ich wollte kontrollieren, ob alles in Ordnung war. Vor eurer Tür habe ich meinen Namen gehört, somit bin ich stehen geblieben und habe ungewollt gelauscht“.

„Tschuldigung. Tut… mir leid. Das… war nicht so gemeint,“ stammelte ich.

„Ist schon in Ordnung, wollte dir nur Bescheid geben, dass ich kein alter Sack bin und noch einiges mitbekomme.“

 

Verdammt, war das peinlich, das werde ich nie vergessen. 

 

(Autor: Helga Sättler 28.11.2018/Thema: Ein Schulerlebnis)